Spielberichte

Standfest Breitenrain : Cup: Lokomotive Glatteis 2:1

David gegen Goliath

[Mischa Steiner] Man hört ja oft, dass im Cup alles möglich ist, und dass sich hier auch öfters starke Teams an kleinen Teams die Zähne ausbeissen. Doch gilt das auch für die alternative Fussballliga? In der ersten Cup-Runde hatte das Team aus dem Breitsch kein grosses Losglück. Auf sie wartete das 1. Liga-Team von der Spielvereinigung Lokomotive. Ein kleines Fünkchen Hoffnung musste man aber angesichts der Vergangenheit doch haben, flog der Halbfinalist von 2015 doch letztes Jahr tatsächlich in der ersten Cup-Runde raus. Der Gegner damals hiess 5ème Etage, nicht gerade vergleichbar mit dem kleinen Standfest Breitenrain, dass letztes Jahr nicht einmal am Cup teilgenommen hat und sich in der Meisterschaft nur knapp vom letzten Platz in der 2. Liga befreien konnte.
Während die eher grossgewachsenen Spieler von Lokomotive selbstbewusst das Spielfeld betraten, war bei Breitenrain eine gewisse Nervosität zu spüren. Der Schiedsrichter aus dem Team von Obstberg United rief die Spieler zur Mitte für das Handshake. Bereits hier geschah die erste kleine Machtdemonstration. Anstatt zum Handshake zu erscheinen, blieb der Favorit knapp über zwei Minuten in ihrem Kreis stehen, besprachen ihre Taktik und liessen Schiedsrichter, Gegner und Zuschauer ohne Wimperzucken warten. Hätte doch kaum einer erwartet, dass Lokomotive überhaupt eine taktische Besprechung braucht, um gegen den Fussball-Zwerg anzutreten.

Anstoss für Lokomotive! Das Spiel dauerte keine 2 Minuten, da wusste bereits jeder, dass hier eine klare Rollenverteilung gilt. Lokomotive kontrollierte das Spiel, Breitenrain versuchte hinten die Räume eng zu halten. Während der Verteidigung dies in der Mitte gut gelang, konnte die Spielvereinigung ein Angriff nach dem anderen über die Flügel lancieren. Bereits nach 5 Minuten kam das erste Kaliber aufs Tor, nachdem eine Hereingabe sauber abgelegt wurde. Mit gestrecktem Körper konnte der Torwart die Führung von Goliath nur knapp verhindern. Die Spielzüge glichen sich in den nächsten 10 Minuten aufs Haar. Lokomotive griff kontrolliert an, Breitenrain rettete sich mit einem Befreiungsschlag, Lokomotive griff an, Breitenrain befreite erneut. Nach 15 Minuten war es erneut die Spielvereinigung, die ein Schuss aufs Tor abfeuerte. Der aufgeprallte Schuss konnte vom Torwart nur mit Mühe zur Ecke geklärt werden. Plötzlich ging es schnell: Der Eckball wurde von Breitenrain geklärt und ein blinder Befreiungsschlag fand einen Abnehmer im Mittelfeld. Ein erneut langer Ball auf den linken Flügel erreichte nach einer Hereingabe den Strafraum der Lokomotive, welche den Ball nicht befreien konnte. Ein Schuss aus dem Fünfmeterraum landete dann tatsächlich hinter der Linie: 0:1 für Standfest Breitenrain. Alles stand Kopf und jeder auf und neben dem Spielfeld verstand die Welt nicht mehr. Eine Mannschaft spielt, die andere verteidigt und verwertet die erste Konter-Chance.
Nach dem Anstoss verlief aber wieder alles in gewohnter Manier. Während die Verteidigung von Standfest alle Hände voll zu tun hatte, fehlte der Spielvereinigung meist nur das kleine Bisschen Glück, um die Bälle aufs Tor zu bringen. Nach 25 Minuten war es wieder eine Konterchance, die unerwartet zu einem Eckball für Standfest führte. Der Ball flog in den Strafraum, wo ein dankbarer Abnehmer zum Kopfball ansetzte. Der Ball flog nur knapp am Tor vorbei. Durchatmen beim Favoriten! Die Mannschaft im grünen Dress erkannte nun allmählich die Stärken der rot-schwarzen Zwergen: Hinten eng stehen, dann Kontern…
Nach 35 Minuten fand wieder eine Flanke von Lokomotive einen Stürmer, der draufhauen konnte. Typisch aber für dieses Spiel: Wie auch viele andere Schüsse des 1. Ligisten, flog auch dieser Abschluss weit übers Tor. Kein Abschluss Glück bei Lokomotive, aufkommende Nervosität und am Ende eben noch Pech sorgten dafür, dass Breitenrain nach 37 Minuten erneut einen schnellen Angriff ausführte, der mit viel Glück einen Stürmer erreichte. Abgeklärt schob dieser den Ball am Torwart vorbei: 0:2 für Standfest Breitenrain. Die Fussballwelt spielte verrückt. Bei Lokomotive musste ein Zeichen gesetzt werden. So wurde direkt nach dem Anstoss der Ball von der Mittellinie aus nach vorne geschlagen. Ein schönes, symbolisches Zeichen, um die Richtung des Spiels zu definieren! Immer noch ein wenig unter Schock, versuchte die Spielvereinigung noch einige Male vor der Pause den Anschlusstreffer zu realisieren. Ohne Erfolgt! Das Pausenresultat stand fest.

Anstoss für Breitenrain! Während das Mittelfeld der 2. Ligisten die Bälle immer wieder verlor, badete die Verteidigung erneut Angriff für Angriff aus. Die SpVgg Lokomotive änderte nun die Taktik; Alles nach vorne! Die Verteidigung wurde von 4 auf 3 Spieler verkleinert, die Flügelspieler agierten nun wie zusätzliche Stürmer, Einwürfe wurden meist bis in den Strafraum geworfen und die Ersatzspieler pushten das grüne Heer auf den Platz voran. Immer wieder wurden die Favoriten aber wieder an ihr grosses Pech erinnert: Kein Abschluss-Glück. Ein Freistoss für Lokomotive aus 18 Meter erreichte keinen Mitspieler und zahlreiche Schüsse flogen neben oder über dem Tor vorbei. Dies veranlasste den Favoriten die Verteidigung zu lockern. Nach etwa 65 Minuten konnten die Breitenrainer erneut einen Konter lancieren, vorbei plötzlich ein Angreifer sogar alleine auf den Lokomotive-Torwart stürmte. Der Schuss schlenderte aber am Torwart sowie auch am Tor vorbei. Erst in der 70. Minute rückten die Stürmer der Lokomotive gefährlich ins den Strafraum vor, fanden zunächst keinen Abschluss, bis nach einem kleinen Gerangel der Ball an der Strafraumgrenze in die Fusse eines Lokomotive-Spielers gelangte. Dieser fasste sich ans Herz, drückte ab und traf ins untere linke Eck: 1:2 Anschlusstreffer für Lokomotive.
Jetzt witterten die Favoriten ihre Chancen auf den Ausgleich und setzten weiterhin alles nach vorne. Der Anschlusstreffer sorgte für einen rechten Motivationsschub, was auch immer wieder einige Verteidiger dazu bewegte, im Strafraum von Standfest den Abschluss zu suchen. Gegen Ende des Spiels war es erneut der Goliath, der seiner Favoritenrolle gerecht werden wollte. Nach einem langen Einwurf flog der Ball bis in den Strafraum und wurde durch einen Kopfball gefährlich verlängert. Knapp vor dem 5-Meter-Raum verpasste ein Stürmer aber knapp den Ball. Ärgernis breitete sich aus. Eben dieser Ärger wurde bestärkt, als die Breitenrainer erneut einen Befreiungsschlag im Mittelfeld kontrollieren konnten und durch einem langen Ball erneut einen Angriff starteten. Ein Schuss des Underdogs flog direkt in die Hände des Lokomotive-Torwart, welcher den Ball aber nicht kontrollieren konnte, ihn abprallen liess und erst im Nachgreifen den an den Pfosten springenden Ball in den Händen hielt. Durch die offensive Stellung der Lokomotive war nur ein einziger Verteidiger zur Stelle, während zwei Stürmer den schnellen Angriff ausführten. Ein letzter Pass, ein satter Schuss und ein hinterherschauender Torwart liessen alle beteiligten die Luft anhalten. Aber auch dieser Ball rollte am Tor vorbei. In der Zwischenzeit führten die Favoriten weitere Angriffe aus. Zuschauer des Spiels fanden keine Logik: Eine Mannschaft spielt mit gefühlten 80% Ballbesitz und befindet sich permanent im Angriff, während die überforderte Mannschaft mit Kontern trotzdem zu den besseren Chancen kommt. Der Beschuss wurde immer heftiger bis plötzlich ein Pfiff zu hören war: Das Spiel war aus!!!

Die Breitenrainer blieben bis zum Schluss „standfest“ und lagen sich plötzlich in den Armen. Eine harte Kost war es aber für die Spielvereinigung. Erneut fliegt man in der ersten Runde aus dem Cup und das trotz 90-minütiger Spieldominanz. David bezwang Goliath mit 1:2 und qualifizierte sich für den Vietelfinal. Kleine Fussballwunder gibt es eben auch in der alternativen Fussball-Liga!

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